Für die Vergabe von BIM-Leistungen gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Die Auswahl beeinflusst den Umgang mit den BIM-Managementdokumenten:
Die kommunale Bauverwaltung (Auftraggeber) erstellt die Auftraggeber-Informationsanforderungen (AIA), die mit den Ausschreibungsunterlagen veröffentlicht wird. Die Erstellung des BIM-Abwicklungsplans (BAP) erfolgt durch die Auftragnehmerseite nach Zuschlagserteilung. Diese Variante eignet sich besonders bei Generalplaner- oder Generalunternehmervergaben. Bei Einzelvergaben ist eine stufenweise Beauftragung sinnvoll.
Zusätzlich zur AIA definiert die Auftraggeberin ein Muster zum Aufbau und Inhalt des BAP (Muster-BAP). Beide Dokumente werden bekannt gemacht, mit Zuschlagserteilung werden sie Vertragsbestandteil. Der Muster-BAP dient als inhaltliche Orientierung für die spätere BAP-Erstellung – und ist vor allem bei Einzelvergaben hilfreich.
AIA und Muster-BAP werden veröffentlicht. Die Bietenden reichen darauf basierend einen Vor-BAP ein, der nach Zuschlag Teil des Vertrags wird. Diese Variante fördert Vergleichbarkeit und klare Vorgaben.
Anpassung der Vergabeunterlagen

Bei öffentlichen Bauvorhaben gelten die bekannten Vergabevorschriften (z. B. GWB, VgV, VOB/A) sowie länder- und kommunenspezifische Vergaberichtlinien. Für eine sinnvolle Ausschreibung sind insbesondere die folgenden zentralen Vergabeunterlagen BIM-spezifisch zu gestalten:
Vorinformation (§ 38 VgV, § 12 EU VOB/A): Hinweis auf die Anwendung von BIM.
Auftragsbekanntmachung (§ 39 VgV, § 12 EU VOB/A): Hinweis auf die Anwendung von BIM mit ggf. einem Verweis auf die AIA und Aufnahme passender Eignungskriterien.
Vertragsunterlagen und -Bedingungen (§ 29 VgV, § 8 EU VOB/A): Beschreibung der BIM-Einbindung, Verweis auf relevante Anhänge (AIA, ggf. Muster-BAP, BAP, Modellierungsrichtlinie), Rangfolgenregelung und besondere Vertragsbedingungen (zu u. a. Urheberrecht, Vertraulichkeit, Datenschutz, Datensicherheit).
Ergänzende Anhänge: Ergänzung der AIA und, sofern vorhanden, des Muster-BAP, des BAP und einer Modellierungsrichtlinie als Anhang zur Vertragsvorlage.
Bewerbungsunterlagen (§ 46 VgV, § 6 a EU VOB/A): Abfrage zu bereits umgesetzten BIM-Anwendungen, über vorhandene Software sowie Schnittstellenstandards (z. B. IFC 2x3).
Zuschlagskriterien (§ 62 VgV, § 16 d EU VOB/A): Berücksichtigung der BIM-Qualität, z. B. anhand des Vor-BAPs.
Einzel- und Generalvergaben
Ob Einzel- oder Generalvergaben: Entscheidend ist eine klare Verteilung der BIM-Rollen und -Verantwortlichkeiten.
Einzelvergaben
Bei Einzelvergaben schließen Bauverwaltungen separate Verträge mit den jeweiligen Planungs- und Ausführungspartnern. Die Einzelvergaben lassen eine direkte Steuerung der Auftragnehmenden zu. Sie gehören zu der am häufigsten verwendeten Projektorganisationsform kommunaler Bauverwaltungen in Nordrhein-Westfalen.
Vorteile:
- direkte Steuerung einzelner Gewerke
- Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU)
Herausforderungen:
- Koordinationsaufwand bei Abläufen, Terminen und Modellierungsstandards
- BIM-Wissen auf Seiten der Kommune erforderlich
Um klare Abläufe sicherzustellen, sollte eine Vergabe gestaffelt erfolgen. Alle Beteiligten übernehmen – je nach Rolle – Aufgaben wie Modellpflege, Koordination oder übergreifendes Informationsmanagement.

Bei Generalvergaben gibt es einen Vertragspartner je Phase – für Planung oder Ausführung. So werden Schnittstellen reduziert und die Kommunikation vereinfacht, auch im Hinblick auf AIA und BAP.
Merkmale:
- weniger Abstimmungsbedarf für die Bauherrschaft
- BIM-Aufgaben (Koordination, Autorenschaft) können intern im Generalteam gelöst werden
- externes BIM-Management weiterhin möglich
Diese Vergabestruktur eignet sich besonders dann, wenn eine schlanke Projektkommunikation gewünscht ist oder BIM bereits integraler Bestandteil der Projektsteuerung beim Generalunternehmen ist.
Risiken & Herausforderungen
Ursache / Beschreibung
Fehlende personelle und finanzielle Kapazitäten innerhalb einer Kommune sowie geringe Weiterbildungsangebote der kommunalen Bauverwaltung und Gebäudewirtschaft können zu Risiken bei der Einführung der Methode BIM in einer Kommune führen.
Gegenmaßnahmen
- Entwicklung von Weiterbildungsangeboten
- Wahrnehmung von Weiterbildungsangeboten
- Unterstützung beim Auf- und Ausbau personeller und finanzieller Kapazitäten z.B. durch die Politik
- Beauftragung externer Beratungsunternehmen zur Einführung der Methode BIM innerhalb einer
- Kommune
Maßnahme(n) zur frühzeitigen Erkennung
Ermittlung des Wissensstandes der kommuneninternen fachlichen Kompetenzen in Bezug auf die Einführung der Methode BIM, z. B. der Checkliste der BIM-Handlungsempfehlung
Ursache / Beschreibung
In Folge (hoher) individueller Anpassungen von Softwareprodukten sind Aktualisierungen (Updates) z. B. zu Aspekten der Sicherheit und / oder Funktionen häufig nicht möglich.
Gegenmaßnahmen
Individuelle Anpassungen an Softwareprodukte so gering wie möglich halten
Maßnahme(n) zur frühzeitigen Erkennung
Aktualisierungsmöglichkeiten im Vorfeld klären
Ursache / Beschreibung
Aufgrund der vorherrschend hohen Bauaktivität in Deutschland haben viele Unternehmen ihre Leistungsgrenzen erreicht. In dessen Folge besteht das Risiko, dass neue Ausschreibungen nicht oder nur unzureichend zur Kenntnis genommen werden. Den Ausschreibenden steht damit ggf. eine nur geringe Bieterauswahl zur Verfügung.
Die Methode BIM wird in der geforderten Tiefe ggf. noch nicht von allen Marktteilnehmerinnen und -teilnehmern angewendet. Den Ausschreibenden steht damit ggf. eine nur geringe Bieterauswahl zur Verfügung.
Gegenmaßnahmen
- Bemessung einer ausreichend langen Ausschreibungsphase zur Förderung eines hohen Bekanntheitsgrades sowie einen auskömmlichen Bearbeitungszeitraum der Angebotserstellung.
- Herausbildung des Projektes als Prestigeprojekt i.S. eines Aushängeschildes für beteiligte Unternehmen durch Öffentlichkeitsarbeit und Referenz für zukünftige Projekte (Sammlung von ersten Erfahrungen).
- Ausschreibung praxistauglicher (niederschwelliger) BIM-Ziele / -Anwendungen / -Anforderungen.
- Ausführliche und allgemein verständliche textliche Beschreibung der geforderten Leistungen.
Maßnahme(n) zur frühzeitigen Erkennung
Kontinuierliche Prüfung eingehender Angebote und ggf. Einleitung von Gegenmaßnahmen
(z. B. Verlängerung der Angebotsfrist, Steigerung des Bekanntheitsgrades der Ausschreibung).
Ursache / Beschreibung
Die Vergaberechtsprechung zu BIM-Ausschreibungen, insbesondere zu Eignungs- und Wertungskriterien, ist bislang (noch) rudimentär und erlaubt (noch) keine einheitliche Darstellung. Bisherige Formulierungen von BIM Wertungskriterien basieren auf wenig Erfahrungen und stellen damit ein Risiko im Vergabeverfahren dar.
Gegenmaßnahmen
- BIM Eignungskriterien sind niederschwellig zu formulieren. Die Definition ist stets im Zusammenhang mit den gesamten Wertungskriterien zu betrachten und in enger Abstimmung mit einer rechtlichen Beratung der Ausschreibung zu definieren.
- BIM Wertungskriterien sind möglichst eindeutig und messbar zu formulieren.
- Bestehende Ausschreibungen zu BIM Wertungskriterien weiterer öffentlicher Bauherren können hierzu berücksichtigt und damit einhergehende Erfahrungen eingebunden werden.
Maßnahme(n) zur frühzeitigen Erkennung
- Stetige Beachtung relevanter Rechtsprechung im Zeitraum der Ausschreibungsvorbereitung (Ziel: angemessene und rechtssichere Ausschreibungsinhalte)
- Stetige Beachtung relevanter Rechtsprechung im Zeitraum der Ausschreibungsveröffentlichung (Ziel: frühzeitiges Erkennen potenzieller Anfechtungsgründe / Nachprüfungsverfahren)
Ursache / Beschreibung
Die in der AIA definierten BIM-Ziele, -Anwendungen und -Anforderungen sind nicht korrekt definiert und führen daher nicht zu den erwarteten Mehrwerten (BIM-Zielen). Ursächlich hierfür können sein, z.B.:
- Zu hoch definierte Anforderungen, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt technisch nicht fehlerfrei umsetzbar sind
- Unzureichend definierte Anforderungen
- Falsche Vorgaben zu nicht kompatiblen Dateiformaten und Systemen
Gegenmaßnahmen
- Durchführung einer „Test-Phase“, um die in den AIA definierten Anwendungen zu prüfen und Änderungen / Anpassungen frühzeitig durchführen zu können
- Auswahl realistisch umsetzbarer BIM-Ziele und -Anwendungen (Vgl. Anlage 1 und 2)
- Einbeziehungen technischer Beratungen zur Prüfung und Umsetzung relevanter Anwendungsfälle (z.B. fachliche Betreuer bestehender CAFM-Softwaresysteme zur korrekten Definition relevanter AIA-Inhalte)
Maßnahme(n) zur frühzeitigen Erkennung
- Konsequente Beteiligung und Überwachung der Test-Phase, um Fehler zu erkennen und Gegenmaßnahmen zu definieren
- Berücksichtigung der Lessons Learned aus bereits abgeschlossenen oder in Durchführung befindlichen BIM-Bauprojekten
Ursache / Beschreibung
Vereinbarte BIM-Ziele / BIM-Anwendungen werden nicht erfüllt, da z.B. die BIM-Kompetenzen der Auftragnehmer nicht die vereinbarten (bzw. erforderlichen) Anforderungen erfüllen, Beteiligte nicht das gleiche Verständnis zur Umsetzung der Methode-BIM aufweisen, differente Zieldefinitionen bestehen und / oder Projektbeteiligte mangelnde Akzeptanz zur Anwendung der Methodik BIM aufweisen.
Gegenmaßnahmen
- Durchführung einer Test-Phase zur Prüfung der geforderten Anforderungen und Identifizierung möglicher Defizite
- Gezielte Durchführung / Veranlassung von Schulungsmaßnahmen bei erkannten Defiziten
- Klare Zieldefinitionen, Verantwortungsregelung und Rollenbeschreibungen
- Konsequente Kontrolle und Fortschreibung von Liefer- / Prüfzeitpunkten
- Definierte Eskalationsstufen im Falle nicht ausreichender Beteiligung von Projektpartnern
Maßnahme(n) zur frühzeitigen Erkennung
- Proaktive Überwachung der Test-Phase durch das BIM-Management i.V.m. dem operativen Informationsmanagement
- Proaktive Begleitung und Überwachung der BIM-Anwendung (gemäß BAP) über den gesamten Projektverlauf, um Fehlerpotenziale oder bestehende Probleme zeitnah erfassen und Gegenmaßnahmen definieren zu können
Ursache / Beschreibung
Vorherrschende Datenschnittstellen fokussieren zumeist Teilbereiche des Lebenszyklus‘ und sind in ihrer technologischen Entwicklung noch nicht vollständig ausgereift. Ohne menschliches Handeln (z. B. Mapping der Informationen) sind absprachelose Datenübergaben nicht immer fehlerfrei anwendbar.
Gegenmaßnahmen
- Frühe Einbeziehung von Software- / Schnittstellenexperten zur Identifizierung und Festlegung der zu verwendenden Schnittstellen- /Dateiformate zum absprachelosen Datenaustausch
- Frühzeitige sowie konkrete Definition von BIM-Zielen,-Anwendungen,-Anforderungen zur Festlegung relevanter Informationen
Maßnahme(n) zur frühzeitigen Erkennung
- Berücksichtigung der Lessons Learned aus bereits abgeschlossenen oder in Durchführung befindlichen BIM-Bauprojekten
- Durchführung definierter BIM-Anwendungen innerhalb einer „Test-Phase“
Ursache / Beschreibung
Die Umsetzung geplanter BIM-Anwendungen verläuft nicht zufriedenstellend.
Gegenmaßnahmen
- Die Umsetzung jeweiliger BIM-Anwendungen wird eingestellt
- Die weitere Projektumsetzung dieser BIM-Anwendungen wird mittels konventioneller Methoden ohne BIM fortgesetzt
Maßnahme(n) zur frühzeitigen Erkennung
Proaktive Begleitung und Überwachung der BIM-Anwendung (gemäß BAP) über den gesamten Projektverlauf, um Fehlerpotenziale oder bestehende Probleme zeitnah zu erfassen und Gegenmaßnahmen zu definieren
Die BIM-Handlungsempfehlung informiert über die Einführung und Umsetzung der Methode BIM für den öffentlichen kommunalen Hochbau in Nordrhein-Westfalen zusammenfassend ab. Hier finden Sie auch alle Informationen zur BIM Vergabe- und Projektaufbauorganisation im Detail.